Anton Bruckner und sein »Mysterium«

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Das Saisonende naht, die Vorbereitungen für das KONZERT 6 mit Anton Bruckners 8. Symphonie laufen. Für Chefdirigent Leo McFall gehört diese Symphonie zu den schönsten Werken, die je geschrieben wurden. Nachdem er sie als Teenager das erste Mal in London gehört hatte, war er sofort „wie besessen davon“, gab all seine Ersparnisse für die Partitur aus und pilgerte sogar bis nach Amsterdam, um sie im Konzert hören zu können.

Weit ist auch die Reise, die sich in der Symphonie abspielt. Mit ihren 80 Minuten war sie damals die längste ihrer Art, der dritte Satz – das Adagio – ist allein so lange wie eine durchschnittliche Mozart-Symphonie – und für McFall auch ihr Herzstück. „Diese Symphonie zu spielen ist wohl wie einen Marathon zu laufen,“ sagt er zu seinem baldigen Debüt, denn trotz seiner langgehegten Leidenschaft hat er sie zuvor zwar etliche Male geprobt, doch noch nie dirigiert.

Für Anton Bruckner gab es auch einige Hürden zu überwinden. Beglückt vom ersten großen Erfolg seiner 7. Symphonie 1884 unter dem Dirigat von Hermann Levi, begann er gleich danach mit der Arbeit an der Achten und sandte sie ihm drei Jahre später, voller Zuversicht: „Möge sie Gnade finden“! Doch Levi konnte mit den Noten nichts anfangen und riet zur Umarbeitung. Nach anfänglichen Depressionen durch die unvermutete Zurückweisung stürzte sich Bruckner – wie bei so vielen seiner Symphonien – in eine gründliche Restaurierung: „Freilich habe ich Ursache, mich zu schämen … wegen der 8. Ich Esel!!“

1890 war dann die zweite Fassung fertig, und feierte zwei Jahre später ihre Uraufführung mit den Wiener Philharmonikern unter Hans Richter. Und: sie war ein sensationeller Erfolg, der größte in Bruckners Laufbahn. Nach jedem Satz wurde er auf die Bühne gerufen und musste sich verbeugen. Hugo Wolf, damals auch Musikkritiker, schrieb völlig enthusiasmiert: „Diese Symphonie ist die Schöpfung eines Giganten und überragt an geistiger Dimension, an Furchtbarkeit und Größe alle andern Symphonien des Meisters…“. Da war es fast schon unbedeutend, dass Eduard Hanslick, der sich immer schon mit Bruckners symphonischem Werk schwertat, von einem „traumverwirrten Katzenjammerstil“ schrieb. Das Publikum und die Musiker waren begeistert; auch Wiener Kollegen wie Johannes Brahms oder Johann Strauß mussten ihn loben und Kaiser Franz Josef I. – dem die Symphonie gewidmet war – lud zur Audienz. Einige Geschichten ranken sich um den Erfolg, ein paar davon hören Sie nun auch in der neuen Podcast-Folge.

Auf den Bühnen von Montfort- und Festspielhaus braucht es wieder viel Platz für ein großes romantisches Orchester: 60 Streicher werden von Holz- und Blechbläsern in Dreifachbesetzung ergänzt, nur die Hörner sind ganz „wagnerianisch“ zu acht, wobei vier davon auf die Wagnertuben wechseln. Triangel und Becken unterstreichen einzig die große Steigerung im 3. Satz an ihrem Kulminationspunkt, und wir hören – ganz ungewöhnlich für eine Symphonie – auch Harfenklänge. „Dass sich dieses riesige Werk in seinem 4. Satz, dem Finale, so erfüllend auflöst, ist für mich einfach ein Wunder“, schwärmt Leo McFall. „Großartig, dass wir in Bruckners Jubiläumsjahr unsere kleine Bruckner-Reihe mit diesem Werk krönen – und ja, es wird ein ganz besonderes Erlebnis werden!“